___
In dieser Reihe gucke ich mir Künstliche Intelligenz genauer an. Ich werde KI weder glorifizieren noch verdammen. Stattdessen betrachte ich, was sie kann, was sie verändert und welche Fragen sich daraus ergeben. Dabei ist es mir wichtig, Angst zu nehmen und Orientierung zu schaffen. Auch für mich selbst.
___
KI hat nicht umsonst eine Panik ausgelöst. Erstmal haben wir jetzt so richtig verstanden, was Data Mining eigentlich bedeutet, wie viel davon hinter unserem Rücken passiert und vor allem, was diese Daten entstehen lassen können. Zum anderen kopieren uns die Ergebnisse. Teilweise mit jedem Monat, der vergeht, immer genauer. Darum betrachte ich hier die Frage:
Werden kreative Berufe aussterben?
Besonders Voice Actor, Writer, Models, Designer:innen, Musiker:innen, Schauspieler:innen und Illustrator:innen haben davor berechtigte Angst. Wird KI diese Berufe ersetzen?
Teilweise ja, und das merken wir schon.
Besonders dort, wo Zeit, Budget und Qualität zweitrangig sind. Beispielsweise in den sozialen Medien, Massenwerbung, Prototypen, Thumbnails und Stockmaterial.
Voice Actor werden nicht mehr für simple Voice Over in E-Learnings, Werbung, Dokumentationen oder Tutorials gebraucht. Illustrationen werden generiert, wenn es um generische Key Visuals,
Buchcover oder Storyboards geht. Ähnliches gilt für Fotos in Sachen Produktshots, Stockbilder, Modekatalogen und Lookbooks. Das genügt für die meisten Onlineshops. Auch für filmische Produktionen
genügen generierte Komparsen für Nebenrollen, Hintergrundpersonen oder Avatare.
Das alles hat vor allem eines gemeinsam: Es ist nur kurz zu sehen, nicht im Fokus, nicht Priorität. Doch was, wenn der Output der KI Priorität hat?
Sind die Ergebnisse von KI genauso brauchbar?
Nein. Zumindest nicht auf breiter Ebene. Und erst recht nicht, wenn es anspruchsvoll sein muss.
Denn KI hat bedeutende Schwächen, die vermutlich lange bleiben werden:

1. Es fehlen Ausdruckstiefe und Emotionalität
KI versucht immer alles perfekt zu machen. Perfektes Aussehen, perfekter Text, perfekte Stimme, perfektes blablabla ... Und was ist perfekt? Richtig! Langweilig.
Lasse ich eine KI diesen Text hier schreiben, habe ich neben all der lächerlichen Gedankenstriche, die sich an englischer Zeichensetzung orientieren (so erkennt ihr übrigens, wer auf LinkedIn
faul war) nichts, was den Leser oder die Leserin dazu anhält, hier weiterzulesen. Unspannend, ermüdend, nichtssagend. Manche versuchen dann der KI zu vermitteln, menschlicher zu wirken oder zu
klingen. Als wäre sie was? Ein Mensch! Und was ist sie nicht? Na?
KI-Stimmen und Schauspiel hat es da etwas schwerer. Mit der Zeit werden Gespräche, Mimik und Gestik immer genauer, simulieren Emotionen und situative Reaktionen. Allerdings haben echte Menschen
ein Gefühl für Feinheiten, Nuancen, Ironie, Subtext und Timing. Das hängt meist stark von Kultur, Sprache und Zeitgeist ab. KI erkennt solche Kontexte eher schwer. Für kurze Telefonate und
Stockmaterial, einfache Szenen oder Hintergründe ist es also brauchbar. Fraglich wird es bei größeren Projekten wie Filme, Videospiele und Serien. KI klingt oft sehr echt und sieht echt aus, aber
ist es nicht, was sich bei längeren Gesprächen und Projekten zeigt. Es gehorcht, wiederholt was es soll, aber denkt nicht mit oder weiter.
KI generierte Illustrationen haben ein ähnliches Problem. Sie sind oft kontextlos, beeindrucken nur von weitem, haben wenig Wiedererkennungswert und werden im Detail ungenau. Und da sind wir bei
Punkt 2.
2. Unzuverlässigkeit bei Details
Bei KI-Bildern sind Hände, Anatomie, Mimik und Gestik oft noch sehr unnatürlich. Ähnlich auch bei generierten Videos. Aber immerhin kann man daraus lustige Memes machen, wenn sich ein Hund von
Jesus umarmen lässt und dabei mit einem Futternapf verschmilzt.
Und doch wird auch das besser. Dennoch mit dem selben Problem: Es wiederholt und gehorcht. Und spätestens wenn KI sich selbst wiederholt, wird daraus nur generativer Salat.
Und nicht nur das: wir hadern auch mit dem Problem der KI-Halluzination. Aufgrund des Perfektionismus wird KI niemals sagen, wenn es etwas nicht kann, sondern erfindet Wörter, Antworten und sogar
Fakten und Zahlen. Das für mich unangenehmste aber manchmal auch lustigste Beispiel ist die Google-KI, die sich sicher ist, dass wir lange leben werden, wenn wir Steine essen.
Was soll man davon halten?
Richtig.
Abstand.
3. Rechtliches und ethisches Chaos
Die Transparenz der Trainingsdaten ist kaum vorhanden. Das ist besonders bei Kreativen im musikalischen und illustrativen Kontext bedeutend. Des Weiteren steht außerdem die Frage im Raum, wer auf
welche Weise die Rechte sichert, Stimmprofile und Gesichter zu kopieren, wenn es um Voice Acting und Schauspiel geht?
Und wer haftet für Deepfakes? Wie werden sie verhindert? Wer haftet für Fake-News und fehlerhafte Darstellung, die zur Einflussnahme in Social Media genutzt wird? Da ist viel zu viel noch
ungeklärt und braucht dringend Regulierung.
Also doch nicht ersetzt?
Wir merken, KI hat noch viele Schwächen. Sie kann nur reproduzieren, aber nicht interpretieren. Zwischenmenschlichkeit und inhaltliche Mitgestaltung fehlt. KI braucht den Mensch nicht nur fürs Training, sondern auch als Leitung. Zudem fehlt auch Authentizität, besonders wenn es um die Darstellung von körperlicher Vielfalt, Inklusion und kulturellen Details geht.
Was sich aber ändert

Sollten wir irgendwann an dem Punkt kommen, an dem nicht nur das Internet, sondern auch KI kein „Neuland“ mehr ist und endlich Regulierungen erfolgen, kann das für kreative Berufe neue Chancen ermöglichen.
Schauspieler:innen können Lizenzen für digitale Doubles verwerten. Ähnliches können auch Sprecher:innen, um KI mit ihrer Stimme trainieren zu lassen. Für beides können regelmäßige Lizenzgebühren
anfallen. Das funktioniert allerdings nur mit kontrollierende Instanzen, die bereits tätig wurden.
Und geschuldet der Tatsache, dass das Internet mit KI generierten Content zugeworfen wird (siehe „dead internet theory“), wird data Mining ohnehin langfristig zum Problem. Irgendwann wird man auf
Lizenzen zurück greifen müssen.
Illustrator:innen und Fotograf:innen können zudem KI nutzen, um ihren eigenen Workflow zu verbessern. Wie genau, erläutere ich demnächst.
Fazit
KI wird uns nicht ersetzen. Aber sie ersetzt Aufgaben und verschiebt den Fokus.
Wer nur reproduziert, wird nicht mehr gebraucht werden. Wer interpretiert und emotional abholt, bleibt unersetzlich. Glücklicherweise wird das bedeuten, dass wir uns genau darauf konzentrieren
können. Das kann Gutes heißen, wenn wir aktiv mitgestalten, uns für Regulierungen stark machen und wissen, wie wir KI für uns effizient nutzen.
Hier habe ich über die bewusste Nutzung von KI, Trainingsdaten und
Möglichkeiten zur Regulierung gesprochen.
Kommentar schreiben